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KLASSIK
Diverse Kom ponisten
PIANO
Myung Whun Chung
ECM/Univetsal CD
(55’)
Goldrichtig sogar. Sein Spiel, im
noblen Ambiente von Venedigs Tea-
tro La Fenice aufgenom men, zeich-
net sich durch schlanke, biegsa-
me Tongebung und eine hoch sen-
sible Nachzeichnung der m elodi-
schen Linienführung aus. Es setzt
eine breite Skala der klingenden
und dynamischen Schattierungen
ein und entwickelt jedes der zehn
ausgewählten Stücke von Beetho-
vens „Für Elise“ bis Debussys „Clair
de lune“ mit viel Sinn für Form und
Er halte sich gar nicht mehr
für einen „richtigen“ Pianis-
ten, m einte M yung Whun
Chung zu dieser CD mit klas-
sischen Zugabestücken, die
er M itgliedern seiner gro-
ßen M u sikerfam ilie w id -
mete - der berühmten älte-
ren Schwester Kyung Wha,
aber auch einem seiner En-
kel. Doch was der m ittler-
w eile
61
-jährige Dirigent,
der seine Karriere
1974
als
einer der Klavier-Preisträ-
ger des M oskauer Tschai-
kowsky-W ettbew erbs be-
gann, jetzt sozusagen au-
ßer der Reihe vorlegt, klingt
von A bis Z „richtig“.
DER
M U S I K W E L T
Stim m ung. Die Skalen in Schu-
berts Es-Dur-Impromptu verlieren
unter seinen Händen alles Etüden-
hafte, Schumanns „Träum erei“ er-
klingt völlig unaffektiert und frei
von Routine, und die „nachsinnen-
den“ Passagen in dessen „Arabes-
ke“ sind mit anrührender Verinner-
lichung gelungen. Schöner kann
man all dies kaum spielen; nur die
„Mozart-Variationen“ wirken etwas
geziert.
Glücklicherweise folgt auch die
Aufnahmetechnik der unausgespro-
chenen Klasse-statt-M asse-Devi-
se: Der Klavierklang „steht“ gut im
Raum, er kann sich ohne aufdring-
liche Präsenz frei, hell und transpa-
rent entfalten. Die Präsentation ist
ECM-typisch: vornehm -zurückhal-
tend im Schwarz-Weiß des Covers,
im Verzicht auf eine Angabe der Ge-
sam tspielzeit und dazu hier sogar
noch einer Übersetzung der engli-
schen Beihefttexte.
Ingo Harden
MUSIK ★ ★ ★
★ ★
KLANG ★ ★ ★
★ ★
Nobleres Spiel ist kaum denkbar:
Myung Whun Chung widmet sich
Preziosen von Mozart bis Debussy
Mo»»'5'
M ansurian
Patricia Kopatchinskaja, Anja Lechner, Amsterdam
Sinfonietta, Candida Thompson
ECM/Universal CD________________________(63}
„Quasi parlando“ lautet der Titel
des Album s, und tatsächlich ist
der Sprachcharakter von Mansuri-
ans spättonaler Musik evident. Ei-
ne hochexpressive Klangrede in ori-
entalischer Färbung erwartet den
Hörer, intensiv, packend und kon-
genial dargeboten von der hexen-
meisterlich virtuos agierenden Pa-
tricia Kopatchinskaja und der nuan-
cenreich und mit feindosiertem Vib-
rato aufspielenden Anja Lechner.
Die exzellente Am sterdam Sinfo-
nietta bietet den Solistinnen ein
warm es Fundam ent, und auch
die A ufnahm etechnik überzeugt.
mfv
MUSIK ★ ★ ★
★ ★
KLANG ★ ★ ★
★ ★
Johannes Brahms
V IOLINSONATEN U. A
Leonidas Kavakos, Yuja Wang
Decca/Universal CD
(77')
Yuja Wang und Leonidas Kavakos
streben Balance an: zwischen Dis-
kant und sattem , nie protzigem
Bass, in den dynamischen Steige-
rungen, in den Tempi und im Aus-
druck zwischen Innigkeit und Aus-
bruch. Im Umkehrschluss könnte
man behaupten: Sie meiden Extre-
me. Das stimmt, wäre aber zu einsei-
tig. Das Brahms-Glück dieser beiden
Interpreten liegt in einer goldenen
M itte, die mehr als Durchschnitt ist.
Kavakos’ Klang ist nie seidig oder
Träume spinnend, sondern unmit-
telbar und dennoch differenziert.
Wang gibt nicht die hochgezüchte-
te Virtuosin, sondern entwickelt ei-
nen seelenvollen Ton.
C.Vr.
MUSIK ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★
Diverse Kom ponisten
IF YOU COULD READ MY M IND
Cameron Carpenter
Sony CD (77’) +DVD
Cameron Carpenter scheint mit dem
unkenden, pum penden und po-
chenden Sound seiner „Internatio-
nal Touring Organ“ vollkommen zu
sich selbst gekommen zu sein. Von
jetzt auf gleich kann er klangliche
Charaktere grenzen- und stufenlos
verändern. Dass er damit nicht mehr
an die Individualität eines einzelnen
Instruments gebunden ist, sondern
Profile frei sampelt und kombiniert,
definiert Größe und vielleicht auch
technische Grenzen dieser grandio-
sen CD. Eine Dramaturgie der Aus-
w ahl von originalen Orgelwerken
und Bearbeitungen von Bach bis
Bernstein scheint nicht beabsich-
tigt. Faszinierend.
KLK
MUSIK ★ ★ ★
★ ★
KLANG ★ ★ ★
★ ★
Richard Strauss
LIEDER
Christiane Karg, Malcolm Martineau, Felix Klieser
Berlin/Edel CD
(73')
„Da muss man weinen, weil’s gar so
schön ist“, heißt es im dritten „Ro-
senkavalier“-Akt. Wenn Christiane
Karg das Strauss’sche „M orgen“
singt, bleibt die Zeit stehen, und
man muss das Hören des Recitals
erst einmal unterbrechen.
Als die Sopranistin ihr neues Lied-
programm entw arf - freilich schon
mit Blick auf den Jubilar des Jahres
2014
- , kam die Nachricht vom Tod
Lisa della Casas. Das hat die junge
Sängerin bei der Auswahl ihrer Lie-
der zusätzlich beeinflusst. Vom
Timbre her sind beide Künstlerin-
nen freilich denkbar verschieden.
Der Silberstim m e von Christiane
Karg eignet nichts von der Arabel-
la-Kühle der Schweizerin. Ihr Aus-
druck wirkt stets wie von innen er-
wärmt und beruht in Sonderheit auf
einer nachgerade atemverschlagen-
den Pianotechnik. Überdeutlichkei-
ten bezüglich vokaler Farbgebung
und Diktion erübrigen sich da. Man
erinnert sich mit einiger Wehmut an
eine weitere Strauss-Sängerin der
Vergangenheit, bei welcher sich die
gegenteilige Überzeugung zur M a-
nier auswuchs.
Ihr Programm hat Christiane Karg
klug zusammengestellt. Dass einige
Blumenlieder auftauchen, passt zu
ihrem lichten Sopran, der sich subtil
und schlank durch das Geflecht der
Strauss-Melodien zu ranken weiß.
Mit „Malven“ ist das überhaupt letz-
te W erk des Komponisten berück-
sichtigt. Ihm steht m it „Alphorn“
ein Lied des adoleszenten, seinen
Stil noch suchenden Strauss gegen-
über, zu dem der Hornist Felix Klie-
ser opalisierende Mondschein-Töne
beisteuert. Bei den Ophelia-Gesän-
gen weiß Christiane Karg der Stim -
me den Ausdruck leichter Fahlheit
zu geben. Für „Heim liche Auffor-
derung“ (CD-Titel) wäre ihr etwas
mehr Fülle zu wünschen. Und Mar-
tineaus Spiel würde ohne den rela-
tiv starken Hall noch filigraner wir-
ken.
Christoph Zimmermann
MUSIK ★ ★ ★
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KLANG ★ ★ ★
★ ★
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134 STEREO 6/2014
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